Die weiße Kuppel ist ein markantes Bauwerk im Edendorfer Innovationsgebiet. Viele Gerüchte ranken sich darum, was wohl unter dem Dom passiert, dabei handelt es sich “nur“ um einen Antennenmessplatz der Antenna Technology Center GmbH (ATC). Die Mitarbeiter des Itzehoer Unternehmens testen dort die Empfangsqualität von Antennen in Autos. Weil es sich bei den Testwagen oftmals um Erlkönige, also um Vorserienmodelle, deren Aussehen noch nicht publik werden soll, handelt, ist Geheimhaltung ein Teil des Geschäfts. Das Unternehmen ist jetzt an Desay SV Automotive, einen Spezialisten für Antennen- und Fahrzeugelektroniklösungen mit Hauptsitz in Weimar, verkauft worden. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. „Wir freuen uns, mit einem starken Partner ein neues Kapitel unserer Unternehmensentwicklung einzuleiten“, so Jan-Peter Busch, Managing Director und CEO von ATC: „Die Tiefgreifende Transformationen in der Automobilindustrie erfordern umfangreiche Investitionen, um auch in Zukunft erstklassige Messungen und Dienstleistungen anbieten zu können. Mit Desay sichern wir den Fortbestand und die Zukunft unseres Unternehmens ab.“
Das sieht auch der Käufer so. „Wir sind sehr glücklich, dass die Akquisition geklappt hat“, sagt Desay Geschäftsführer Dr. Michael Weber. Der Standort in Itzehoe sei nicht gefährdet, die ATC-Mitarbeiter müssten sich keinerlei Sorge um ihre Arbeitsplätze machen. Im Gegenteil verspricht Weber: „Die werden wir auf ewige Zeit hegen und pflegen. Die Kompetenzen auf diesem Gebiet sind ein rares Gut.“
Deshalb sieht man bei Desay den Kauf von ATC nicht nur in eine Investition in Know-how. „Wir versprechen uns davon, damit Fachkräfte im Großraum Hamburg abgraben zu können.“ sagt Weber. Bei der Personalgewinnung stelle er immer wieder fest, „dass die Mobilität der Bewerber eingeschränkt ist“. Thüringen sei bei Fachkräften nicht sonderlich attraktiv und Homeoffice im Bereich Entwicklung nicht so leicht zu realisieren. Weber erläutert: „Ich kann nicht jedem zu Hause ein Labor für 100000 Euro einrichten.“ Auf der anderen Seite brauche das Unternehmen dringend junge Talente. „Wir werden perspektivisch die Mitarbeiterzahl verdoppeln“, erklärt der Geschäftsführer. Deshalb steht für ihn fest: „Wir müssen zu den Bewerbern.“
Antennen sind ein sehr wichtiges Bauteil für Fahrzeuge. Dabei geht es längst um weit mehr, als nur guten Radioempfang. Telefon, GPS, Software-Updates – eine Vielzahl von unterschiedlichen Daten muss die Wagen erreichen. Telematik, also die Verschmelzung von Telekomunikation und Informatik, ist das Zauberwort in der Branche. „Bis hin zum autonomen Fahren“, erklärt Weber. Er ist deshalb Überzeugt: Die Wertschöpfung für Antennen wird in Zukunft noch steigen.“ Zumal Vernetzung unabhängig von der Antriebsart -Verbrenner oder Elektromotor- benötigt werden.
Das Leistungsangebot von ATC umfasst die Prüfung und Analyse von Antennensystemen sowie Unterstützung bei der technischen Entwicklung. Kunden sind bekannte Automobilhersteller, Automobilzulieferer und Antennenhersteller in der ganzen Welt. Zu den strategischen Technologiepartnern von ATC gehören unter anderem die Technische Universität München (TUM), die Technische Universität Ilmenau, RWTH Aachen, Keysight und Rohde & Schwarz. Das Unternehmen stehe für spitzen Know-how auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik und sei branchenweit anerkannte Instanz für zuverlässige Antennenmessung.
Bei Desay kann man bislang nur die reine Antenne testen, aber nicht, wenn sie ins Auto eingebaut ist und möglichen Einflüssen von Elektronik klarkommen muss. Das Kann ATC. Von Forschung und Entwicklung über hochpräzise Messung bis hin zu Produktion von Antennen decke Desay in Zukunft die gesamte Prozesskette aus einer Hand ab. Automobilhersteller werden auch zukünftig wichtige Kunden von ATC bleiben. Eine Unbekannte bleibenach dem Verkauf allerdings. Weber: “Ob Mitbewerber ATC weiter beauftragen, wird die große Frage sein.“ Aber das scheint ihm keine sonderlich große Sorge zu bereiten.
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