Chinas Zulieferer im Wandel: Von Low-Tech zu High-Tech

Presse

Volkswagen, Nio, GM und Xpeng setzen im Cockpit auf Produkte der Zulieferer Desay SV und Huayang. Die waren vor einigen Jahren noch völlig unbekannt.

Die beiden chinesischen Zulieferer Desay SV und Huayang waren vor wenigen Jahren noch so gut wie unbekannt. Nun schicken sie sich an, ihren Heimatmarkt für „Smart Cockpits“ zu erobern. Sie konkurrieren mit ihren zentralen Kontrolleinheiten, LCD-Bildschirmen und Head-up Displays (HUD) mit Systemlieferanten wie Bosch oder Continental.

Die rasche Digitalisierung der E-Autos in allen Bereichen und die Vorliebe chinesischer Autofahrer für große, moderne Bildschirme und viel High-Tech hinter dem Lenkrad haben den Markt explodieren lassen.

Früher Low-Tech-Anbieter, jetzt Continental-Konkurrent

Zur selben Zeit sind die technologischen Einstiegsschranken für die Hersteller gesunken. Chinesische Firmen, die bis vor kurzem „Low-Tech“ wie CD-Player oder Autolautsprecher im Angebot hatten, sind quasi über Nacht zu formidablen Playern auf dem Markt der intelligenten Autos geworden.

Ein besonders auffälliges Beispiel dafür ist Desay SV, das sich seit Anfang dieses Jahres ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Continental um Platz 1 bei LCD-Instrumentenpanels in der Volksrepublik liefert. Beide Firmen haben im Januar und Februar 2024 mehr als 36.000 Einheiten installiert. Continental lag mit einem Marktanteil von 12,8 Prozent nur marginal vor Desay SV mit 12,6 Prozent.

Noch vor fünf Jahren baute Desay SV vor allem traditionelle Autoteile und Audiosysteme für Autos mit Verbrennungsmotor. Doch als das „Smart Cockpit“ in China im Jahr 2018 plötzlich populär wurde und Elektroautos wie der ES8 von Nio im Rampenlicht erschienen, setzten die Desay-Manager beherzt auf den neuen Trend der Integration verschiedener High-Tech-Komponenten im Cockpit.

Von China nach Thüringen

Die Transformation weg vom traditionellen Zulieferer, hin zum Systemanbieter für „Smart Cars“ ist Desay SV auf beeindruckende Art und Weise gelungen. Nicht nur zählen inzwischen so gut wie alle großen OEMs in China zu den Kunden, auch wuchs der Börsenwert des Unternehmens auf über 100 Milliarden Yuan (circa 13 Milliarden Euro).

Mit dem Schwung aus China versucht Desay SV auch in Europa seine Position zu finden. In Thüringen investiert das Unternehmen in ein Prüflabor für Displays und eine Messkammer für Antennen. In Europa sei zudem ein Produktionswerk geplant, heißt es aus internen Kreisen.

Mehr Wettbewerb für Qualcomm

Beim schnell wachsenden Bedarf nach mehr Rechenleistung, mit dem die verschiedenen Komponenten wie Lidar, ADAS-Kameras, elektronische Rückspiegel oder HUD integriert werden können, haben noch immer die Chip-Hersteller Mobileye, Nvidia und Qualcomm mit ihren Produkten die Nase vorn.

Doch bei sämtlicher anderer Hardware und Software im Interieur holen chinesische Zulieferer momentan schnell auf. „Die Intelligenz von Automobilen hat das traditionelle Kraftgefüge verändert. Die technischen Barrieren der ursprünglichen Tier-1-Zulieferer existieren nicht mehr und werden durch den Integrationseffekt von Technologie-Stacks ersetzt“, schreibt das chinesische Fachportal 36K über eine Industrie im Umbruch.

Alternativer Markt zum automatisierten Fahren

„Das Smart Cockpit ist als Bereich erkannt worden, der leichter zu kommerzialisieren ist als das autonome Fahren“, heißt es in der Analyse weiter. Das habe traditionellen Autozulieferern eine Chance geboten, ihre Transformation ins Zeitalter der E-Mobilität zu bewältigen.

Neben Desay SV ist die chinesische Huayang Group ein besonders interessantes Beispiel für solch eine Transformation. Dort hatte man früher gut von der Herstellung und dem Verkauf von CD-Playern gelebt. Zur gleichen Zeit, als der Markt für Autos mit Verbrennungsmotor allmählich zu schrumpfen begann, digitalisierte sich auch das Entertainment im Auto.

Druck auf Bosch, Continental & Co. steigt

Huayang gab genau wie Desay SV große Summen für Forschung und Entwicklung aus. „Die beiden Unternehmen sahen sich gezwungen, sehr eilig mit ihrer Transformation zu beginnen“, beschreibt 36K den Krisenmoment vor etwa fünf Jahren.

Huayang besetzt den neuen Markt für elektronische Systeme im Interieur. Der Zulieferer hat mittlerweile bei Domain-Controller, HUD und den neuen AR-HUD eine beachtenswerte Rolle eingenommen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im Kampf um das Cockpit in China eine neue, besonders intensive Phase begonnen hat. Chinesische Anbieter wie Desay SV, Huayang oder Autolink machen den Tier-1-Zulieferern Bosch, Continental & Co. zunehmend Konkurrenz. Die Zeiten, in denen gute Beziehungen zu einzelnen Autoherstellern ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil waren, sind definitiv vorbei.